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Podiumsdiskussion zum Thema: Ist der Meistertitel als Zugangsvoraussetzung für die Selbständigkeit in Deutschland noch sinnvoll?

Von „Schattenhandwerkern“ und „unternehmerischen Eintagsfliegen“ – Podiumsdiskussion bringt die Notwendigkeit des Meistertitels auf den Punkt

Die sieben Maler- und Lackiererinnungen aus Ostwestfalen-Lippe luden Obermeister sämtlicher Gewerke, die innerhalb der Innungen organisierten Betriebe, Ehrenamtsträger sowie alle am Handwerk interessierten Zuhörer am 26. Oktober 2016 zur Podiumsdiskussion in die Räumlichkeiten der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe ein. Über 160 Gäste folgten der Einladung und erlebten einen besonderen, „handwerkskammerkritischen“ Abend.

Schon die Grußworte des Kreishandwerksmeisters Heinrich Heggemann brachten klar zum Ausdruck, dass die Podiumsdiskussion unter der zentralen Fragestellung „Ist der Meistertitel als Zugangsvoraussetzung für die Selbständigkeit in Deutschland noch sinnvoll?“ nur eine Antwort hervorbringen kann: Ein klares Ja!

In diesen Kanon stimmte auch Jörn Leweling – Obermeister der Maler- und Lackiererinnung Gütersloh und an diesem Abend offizieller Vertreter der sieben Ostwestfälisch-Lippischen Innungen – ein. Er nutzte die Begrüßungsworte sogleich dazu die kritischen Eckpunkte der nachfolgenden Diskussion hervorzuheben: „fragwürdige Ausnahmebewilligungen“ der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld, „Wettbewerbsverzerrung“ durch „Schattenhandwerker“, wie Hausmeisterdienste und somit „kaum Verbraucherschutz“ lagen dem Maler- und Lackierermeister schwer im Magen.
Ebenso die Abwesenheit von Verantwortlichen der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld (Lena Strothmann MdB, Präsidentin der Handwerkskammer, hatte „aus gesundheitlichen Gründen“ kurzfristig die Teilnahme an der Podiumsdiskussion ebenso absagen lassen wie der Vizepräsident Peter Eul) stieß dem Gütersloher negativ auf. Das Frau Strothmann nicht einmal einen Vertreter der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld entsandte, sorgte dafür, dass die Kritik an der Kammer enorm ausfiel.

Hochkarätige Teilnehmer

Wortgewandt führte als Moderator der Vizepräsident und Vorsitzende des Berufsbildungsausschusses des Bundesverbandes Farbe Gestaltung Bautenschutz Roland Brecheis durch die Veranstaltung. Unter seiner Regie diskutierten die Maler- und Lackierermeister Dietmar Ahle, Alfred Gemmeke, Markus Mittwoch, der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe Peter Gödde, der Geschäftsführer des Maler- und Lackiererinnungsverbandes Westfalen Peter Schuchart, der stellvertretender Leiter der Agentur für Arbeit Paderborn Holger Schütte, der CDU-Politiker Dr. Carsten Linnemann (MdB) sowie der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks Hans-Peter Wollseifer.

 

Ein Plädoyer für den Meisterbrief

Dr. Carsten Linnemann, Mitglied des Bundestages und im Bundesvorstand der CDU Deutschlands aktiv, hielt in einem kurzen Impulsvortrag ein flammendes Plädoyer für den Erhalt des Meisterbriefs in den noch dem Meisterzwang unterliegenden Gewerken und ging darüber hinaus noch einen Schritt weiter: Für den Bundesvorsitzenden der Mittelstandsvereinigung gehören „auch die 53 Gewerke, bei denen die Meisterpflicht 2004 bereits abgeschafft wurde, erneut auf den Prüfstand.“ Mit „dieser Maximalforderung“, so versprach der sympathische Politiker, „in die nächsten Verhandlungen einzusteigen!“ und sich somit für den Meistertitel in Deutschland stark zu machen.

Duale Ausbildung das beste Ausbildungssystem Europas

Ein ebenso engagiertes Impulsreferat hielt auch Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Er hob nicht nur die Wichtigkeit des Meistertitels für die Wirtschaft hervor, sondern unterstrich auch den hohen Stellenwert der Dualen Ausbildung. Wollseifer verglich die Jugendarbeitslosigkeitsquote in Deutschland (8%) mit der anderer europäischer Länder (durchschnittlich 18,6%) und führte diesen gewinnenden Vergleich auf die Duale Ausbildung zurück. Er führte weiterhin aus, dass Europa „anerkennend auf unser Ausbildungssystem blickt!“

Kritische Worte im Hinblick auf die Ausbildungsstrukturen in Ostwestfalen-Lippe fand Ass. jur. Peter Gödde, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe. Mit Blick auf den durch die Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld geplanten Campus Bielefeld stellte Gödde heraus wie wichtig es sei, „die Kompetenzen zur Ausbildung an den bestehenden Standorten zu behalten.“ Hintergrund sei der Plan der Kammer die Überbetriebliche Unterweisung (einen Teil der Dualen Ausbildung) zentral in Bielefeld anzusiedeln. Das, so waren sich Teilnehmer und Gäste der Podiumsdiskussion einig, sei ein absolutes No-Go, da kaum einem Auszubildenden zuzumuten sei, mehrere Stunden am Tag mit dem Weg zur Schule beschäftigt zu sein.

Kammer als Integrationserschwerer und Ausbildungsverhinderer

Der branchenweit für eine besonders innovative Ausbildung bekannte Unternehmer Dietmar Ahle, Obermeister der Maler- und Lackiererinnung Paderborn, berichtete über die zahllosen Schwierigkeiten im Hinblick auf sein Engagement für unter anderem auch stark „benachteiligte“ Jugendliche. Seit mehreren Monaten kämpfe er darum einem Flüchtling aus dem Kosovo eine Ausbildung ermöglichen zu können. „Von der Kammer ist hier keinerlei Unterstützung gekommen“, zeigte sich der Paderborner enttäuscht. Er selbst flog in den Kosovo und setzte sich für den jungen Mann ein, doch bisher ohne Erfolg.

Auch die Eintragung von neuen Ausbildungsverhältnissen wird Ahle erschwert, „es ist für mich unfassbar, dass die Kammer uns ausbildungsbereiten und -willigen Betrieben die Einstellung von Lehrlingen verwehrt.“ Bei der Argumentation bezieht sich die Kammer – übrigens als Einzige in Westfalen – auf eine über 40 Jahre alte Verordnung, die ein „angemessenes Verhältnis der Zahl der Auszubildenden zur Zahl der Fachkräfte“ zum Ziel hat. „Ein Witz!“, so Ahle, der als erster Handwerksbetrieb in Deutschland 2009 die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet hat. Einer Unternehmensinitiative, deren Schirmherrin Bundeskanzlerin Angela Merkel ist und die es zum Ziel hat, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Wertschätzung erfahren sollen, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität.

Rufschädigend, qualitätsreduzierend und der Allgemeinheit schadend

Den „Schaden“, den die nicht-Meister-Betriebe, die via Ausnahmegenehmigung zur Ausführung von eigentlich den Meisterbetrieben vorbehaltenen Leistungen, „qualifiziert“ werden, bezifferte Alfred Gemmeke, Obermeister der Maler- und Lackiererinnung Höxter-Warburg, als „enorm“. „Der Meistertitel ist eine umfangreiche Qualifikation, die Zeit und Engagement des künftigen Meisters voraussetzt. Es werden umfangreiche Fach- und auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse vermittelt“, stellt Gemmeke den Unterschied zu einem nicht-Meister dar. Mit einer fast immer schlechteren Qualität dieser Unternehmen in der Ausführung hat auch er als Obermeister ständig zu tun. „Endverbraucher, die sich für den günstigeren Anbieter entscheiden, schauen später häufig in die Röhre, wenn die Qualität nicht stimmt. Als Obermeister werde ich regelmäßig gerufen und muss diese Arbeiten als nicht fachgerecht deklarieren, dann ist es aber auch meistens schon zu spät“, weiß der Fachmann „denn 45 Prozent der nicht-Meisterbetriebe sind nach fünf Jahren schon nicht mehr am Markt. Gewährleistung ist dann Fehlanzeige, bei diesen unternehmerischen Eintagsfliegen.“ Hier wünsche sich Gemmeke häufiger ein mutiges Nein zur Ausnahmegenehmigung der Kammer oder zumindest eine umfangreichere Prüfung der Sachlage.

Peter Schuchart, Geschäftsführer des Maler- und Lackiererinnungsverbandes Westfalen, bestätigte Obermeister Gemmeke: „Der Bewilligungsprozess ist eine Farce. Unsere Technische Beratung ist ebenso ständig im Einsatz und muss genau diese Arbeiten begutachten. Natürlich kann man nicht alle Betriebe mit Ausnahmebewilligung über einen Kamm scheren aber die Realität spricht leider eine klare Sprache.“

Partner unterstützen die Veranstaltung

Mit der IKK classic und dem MalerEinkauf Paderborn unterstützten gleich zwei regionale Größen die Veranstaltung. Als Gast teilgenommen hat auch Stephanie Düchting, Regionalgeschäftsführerin der IKK classic in Paderborn. „Wir als Krankenkasse des Handwerks haben die Veranstaltung unterstützt, denn wir kennen uns im Alltag der handwerklich Beschäftigten und Arbeitgeber bestens aus“, sagt sie. Die IKK classic setzt sich mit individueller Beratung und einem passgenauen betrieblichen Gesundheitsmanagement für gesunde Mitarbeiter und gesunde Betriebe ein. Vor dem Hintergrund, das insbesondere diese Branche darum kämpft, geeigneten Nachwuchs zu finden, hält sie die Diskussion um die Zukunftsfähigkeit des Meistertitels für überflüssig. „Wer soll denn den Nachwuchs in der Praxis ausbilden, den die Betriebe so dringend benötigen? Es kann doch nur der Meister sein, der wertvolle und qualifizierte Erfahrungen an junge Mitarbeiter weitergibt.“

Podiumsdiskussion
© März 2024 Maler- und Lackiererinnungen OWL

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